Durch verbalen und non-verbalen Austausch kultivieren wir einen Zustand des tiefen Zuhörens (im Sinne von „Gewahrsein“) zwischen den Teilnehmenden und den Besucher*innen des Humboldt Forums. Verbindung und Begegnung werden zur Basis für kollektive Aktionen, die den Verhaltenskodex im Schloss verstören und seine Architektur der Macht unterminieren.
Konzept
Als partizipatives, inklusives und dekoloniales Tanzprojekt erforscht “Listening* Activism” von Viviana Defazio, Diana Sirianni, Jolika Sudermann – van den Berg das transformative Potential des Zuhörens im Sinne von achtsamem Gewahrsein. Die Gruppe besteht aus 9 nicht-professionellen Tänzer*innen aus drei Generationen und mit unterschiedlichem Hörstatus. Zwei Kommunikationsassistentinnen unterstützen die Verständigung in Deutscher Laut- und Gebärdensprache.
Diese Wahrnehmungspraxis macht die Einzigartigkeit jeder Person sichtbar. Sie schafft Raum für ihre intellektuellen, emotionalen und physischen Reaktionen auf strukturelle Fragen wie: Wie beeinflusst der architektonische Symbolismus des Gebäudes deinen Besuch im Humboldt Forum? Diese vielfältigen individuellen Prozesse sammeln sich in der Gestaltung eines achtsamen, fokussierten Kollektivkörpers, der Aktionen der Rebellion generiert, um den Verhaltenskodex des Schlosses zu verstören und seine Architektur der Macht zu unterminieren.
Wir träumen davon, dass die Besucher*innen, die an unserer Performance teilnehmen plötzlich bemerken, dass sie Teil einer Revolution sind!
„Eine Welt ist immer so viele Welten, wie es braucht, um eine Welt zu schaffen.“ Jean-Luc Nancy
(*Der Begriff ‚Listening‘ ist hier im weitesten Sinne gemeint. Wahrnehmen, aufnehmen, zuhören – verbal und nonverbal.)
Recherchefragen
Wie können wir durch Verbindung radikale Veränderung erzeugen (und gleichzeitig Unterdrückungsstrukturen mit einbeziehen)?
Was ist die Körperlichkeit von Empathie?
Wie konstruiert man ein "Wir" auf körperlicher Ebene?
Wie kann dieses "Wir" auch Museumsbesucher*innen einschließen?
Teilnehmer*innen:
Daniele Facchino, Francesco De Rosa, Anders Malmgren, Monika Zimmering, Renate Heubach, Judith Mackenroth, Aymara von Borries, Cristina de la Vega, Maria Wollny

Viviana Defazio
Seit ihrem Abschluss 2005 an der Folkwang Universität in Essen hat sie mit Johannes Wieland, Neuer Tanz Company, Anna Konjetzky, Romeo Castellucci, Davide Camplani, Cindy van Acker, Jo Fabian, Angie Hiesl, Michael Purucker, Akemi Nagao, Jo Parkes und Rubato gearbeitet.
Mehrere Tourneen durch Deutschland, Canada, Polen, Pakistan, Panama, Vietnam, Libanon und Mexiko.
Sie hat mit ihrer Schwester Alessandra Defazio Stücke wie „Il Piano del Tempo“ und „I’ve got under my skin“ und „Ehina“ , mit dem Kollektiv Pink Tank wie uns Ver.Inner.Raum und zuletzt mit Kaveh Ghaemi das Stück „Mit dir nicht/ Netzwerke“ geschaffen.
Seit 2016 ist sie Shiatsu-Praktikerin (Diplom in 2020, Berlin).
Derzeit arbeitet sie im Humboldt Forum im Projekt „Moving the Forum“ als Choreografin zusammen mit 30 anderen Künstler*innen.

Diana Sirianni (she/her)
hat Philosophie in Rom und Bildende Kunst an der UdK Berlin studiert. Sie hat ihre künstlerische Arbeit international ausgestellt und in nicht konventionellen Kunsträumen inklusive dem öffentlichen Raum mit Interventionen gearbeitet. Ein Fokus ihres Interesses liegt auf der Schnittstelle zwischen ästhetischer Erfahrung und Heilung im ganzheitlichen Sinn und das politische Potential dieser Verbindung. Seit 2016 bietet sie in Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen wie Jolika Sudermann – van den Berg Workshops zu Empowerment und Community-Building für Kunstschaffende an. Zum Thema “Artists Liberation Workshop: Radical Care as an Aesthetic Form?” fängt sie gerade eine Promotion an der Bauhaus Universität an. Diana ist körperbasierte Coachin und hat das Kollektiv Heart*istic zur Artists´Liberation und das feministische urbane Kollektiv Womxn Making Art in Public Space mit gegründet.

Jolika Sudermann - van den Berg (1982)
ist Choreografin, Dozentin und Workshopleiterin im Bereich des zeitgenössischen Physischen Theaters. Nach Abschluss ihres Studiums an der Amsterdamer Hochschule der Künste 2010, zeigte sie ihre Produktionen in Europa und den USA. „A Talk“ und „INFANTEN“ wurden mit dem „Stuttgarter Tanz- und Theaterpreis“ ausgezeichnet. Ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt in jüngerer Zeit war Zuhören im weitesten Sinne: als musikalisch-rhythmische Bewusstheit, als Basis physischer Gruppenarbeit, aber auch als eine Form des sozialen Aktivismus. Mit ihrer Kollegin Diana Sirianni bietet sie seit 2019 Empowermentworkshops für Künstler*innen an deutschen Hochschulen an. Im vergangenen Jahr lernte Jolika die Deutsche Gebärdensprache und arbeitet seitdem mit Tauben Künstler*innen zusammen.